Kirchengeschichte
Die Geschichte unserer Kirchengemeinde ist eng mit den geschichtlichen Ereignissen der jeweiligen Zeit und deren Einflüsse auf unsere Region verknüpft. Das spiegelt sich auch in der folgenden, ungekürzten Zusammenfassung wider, die für die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen unserer Kirche im Jahr 1994 erstellt wurde. Für diese Zusammenfassung haben sich interessierte Gemeindemitglieder tief in die Kirchenbücher und Archive eingelesen und haben ein ausführliches Bild aus den letzten Jahrhunderten bis zum Jubiläumsjahr gezeichnet.
Der Ländchesdom im Jahr 2012
Die Kirche zu Delkenheim war früher der Kirche St. Peter in Mainz unterstellt. Der Ort war im Besitz des Hauses Eppstein, als im Jahre 1299 der aus diesem Geschlecht stammende Erzbischof Gerhard 11. von Mainz auf Bitten seines Neffen Sigfried die Pfarrei der St. Georgskapelle in Eppstein einverleibte. Dass sie mit den Kirchen zu Igstadt, Nordenstadt, Wallau und Massenheim auf ein ehrwürdiges Alter zurückblicken kann, beweist die Tatsache, dass sie außer einem Hauptaltar noch einen Nebenaltar besaß. Diese Altäre garantierten dem daran angestellten Geistlichen ein bestimmtes Einkommen. Dasselbe blieb bei der Neuordnung durch die Reformation den Gemeinden und wurde entweder der Pfarrei zugeteilt oder zum Kirchenkasten geordnet. Daher kam auch die größere Wohlhabenheit der älteren Kirchen und Pfarreien im "Ländchen". Im Jahre 1433 hatte eine Teilung der Herrschaft Eppstein stattgefunden: zwischen den Linien Eppstein-Münzenberg und Eppstein-Königstein. Die erstere erhielt das "Ländchen" unter Gottfried VIII. von Eppstein. Sein Enkel Gottfried X. verschwendete sein Vermögen und verkaufte 1492 Eppstein, Tal und Stadt zur Hälfte und das "Ländchen" für 64.000 Gulden an den Landgrafen Wilhelm 11. von Hessen. Delkenheim gehörte fortan zu Hessen und nicht mehr zu dem Kurmainzer Einfluss der Eppsteiner. Das Recht der Pfarrbesetzung, sowie den großen Zehnten hatte Gotfried jedoch bei dem Verkauf vorbehalten, dasselbe ging mit seinem Tod 1522 an die Grafen von Eppstein-Königstein über. Diese Herren hatten dann auch das Chor der Kirche und das Pfarrhaus zu unterhalten. Der dem Landgrafen Wilhelm folgende Landgraf Philipp der Großmütige (regierte 1518 bis 1567) hatte sich 1524 nach einem Zusammentreffen mit Philipp Melanchthon der Lehre Luthers zugewandt. Da für die Ausbreitung der lutherischen Lehre überall die Haltung des Landesherren bestimmend gewesen war, ist es nur folgerichtig, dass bereits 2 Jahre später, nachdem der Reichstag zu Speyer am 27. August 1526 die reichsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen hatte, in Hessen die Reformation eingeführt werden konnte. Zu den vorbereiteten Maßnahmen, die zwischen dem Reformationsentschluss 1524 und dem Reformationsprogramm 1527 liegen, ist auch die Kircheninventarisierung im Jahre 1525 zuzählen, mit der verhindert werden sollte, dass durch den Weggang von Geistlichen Kirchengut entwendet werde. In der Herrschaft Eppstein erfolgte die Inventarisierung durch den Amtmann zu Eppstein, Helwig von Lauerbach unter Beteiligung der weltlichen und kirchlichen Beamten und an den einzelnen Orten auch der Geistlichen. Für Delkenheim werden aufgeführt:
"Eyn koppern monstrancie, ist ubergult, Zwen kilch, seind silbern und ubergult, seind woll 30 gulden wert. Eyn damasten meßgewandt vor 15 gulden. Eyn rott samt meßgewandt 10 gulden. Eyn swartz wullen meßgewandt, seind 6 gulden wert, mit zweien creutzen. Eyn swartz alt meßgewandt, ist zerbrochen. Eyn alt weys wullen meßgewandt. Eyn monstrancie, ist koppern, darin man das sacrament tregt uber die krangken. Zwey alt bergament meßbuchir. Eyn bappiern meßbuch. 6 gulden 2 albus hat die kirch an stendiger gulte fallen. 15 malder korns gefallen an die bawe. 2 l/2 gulden hat jerlichs sanct Anna bruderschaft fallen, ist abelößunge."
Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Kirche
Der entscheidende Schritt zur Reformation erfolgte dann mit der Einberufung einer Synode nach Homberg in Oberhessen auf den 20. Oktober 1526. Hier wurde in 34 Artikeln die "Reformation der Kirche Hessens" festgesetzt. Diese Artikel sind freilich nie (namentlich durch die Abmahnung Luthers) als rechtsgültige Kirchenordnung angesehen worden, aber sie bildeten das Programm, nach dem sich die Reformation vollzog. 1527 bestellt der Landgraf als Visitatoren für sein ganzes Land Otto Hund, Kraft Nauen, Heinz von Lüdders und seinen Hofprediger Adam Crato (Adam Kraft). Diese sollten die kirchlichen Gemeindeverhältnisse regeln, ihre Aufmerksamkeit darauf richten, dass die Missbräuche im katholischen Kultus abgestellt würden und Schulen zunächst wenigstens in den Städten errichtet würden. Die Tätigkeit Krafts wird ausdrücklich bezeugt bei der Ordnung des Kirchenvermögens in Nordenstadt und Wallau. Als vorläufiger Abschluss dieser ersten Maßregel zur Einführung der Reformation durch die Visitation kann man die 1530 erfolgte Einteilung des ganzen Landes in 6 Superintendenturen ansehen. Die Diözese Eppstein kam zur Superintendentur Darmstadt mit dem Superintendenten Nicolas Maurus. Da keine Klöster in der Herrschaft bestanden, brauchte man auch keine aufzuheben. Die Besitzungen und Rechte der Klöster, welche unter anderen Landesherren standen, vornehmlich auch die unzähligen Besitzungen der Klöster zu Mainz, ließ man denselben, natürlich auch die Pflichten. Mit dem Tode des Grafen Eberhard IV. von Königstein (dem letzten dieses kath. Geschlechts) kam die Herrschaft Eppstein 1535 zu Stolberg, so dass der Kölner Domherr Graf Heinrich zu Stolberg das Pfarrbesetzungsrecht in Delkenheim inne hatte. Als nun Hessen 1542 die Pfarrei Delkenheim mit einem evangelischen Geistlichen besetzen wollte, ohne Königstein zu fragen, wird derselbe von Königstein vertrieben und die Einkünfte aus dem Zehnten werden gesperrt, weil die Linie Königstein nicht der Reformation zugetan war. Auch der frühere Pfarrer von Delkenheim Nicolaus Fabricius, welcher 1542 in Groß Gerau steht, hatte Delkenheim verlassen, weil er seine Besoldung nicht bekommen konnte. Weil Königstein die Besoldung des Pfarrers nicht herausgab, auch die Türkensteuer nicht bezahlte, sperrte der Amtmann Hellwig Leerpach ihm den Zehnten und gab daraus dem Pfarrer 20 Malter Korn und 1/2 Fuder Wein. Da wendete sich Graf Heinrich zu Stolberg an Martin Bucer, der heiligen Schrift Lehrer zu Straßburg, um Fürbitte bei Philipp von Hessen wegen Aufhebung der Zehntsperre. Philipp wird durch einen Brief Bucers zum Nachgeben bewogen. Er macht dem Grafen und Domherrn Heinrich zu Stolberg, welcher "als ein guter Anhänger und Liebhaber des Evangeliums" bezeichnet wird, den Vorschlag zum Vergleich. Der Graf gibt dem Pfarrer 20 Malter Korn und 1/2 Fuder Wein. 1543 wird die Zehntsperre aufgehoben. Die Grafen Stolberg behalten das Recht, den Geistlichen in Delkenheim zu ernennen, bis 1573 Hessen die Rechte der Pfarrbesetzung und des Zehnten für 2250 Gulden aufkaufte und nun Hessen alleiniger Herr in Delkenheim war. Als der Darmstädter Superintendent Petrus Voltzius 1557 seinen Dienst antrat und ein großes Kompetenzbuch anlegte, waren die Verhältnisse in der Herrschaft Eppstein bereits geordnet, und für Delkenheim wird wie folgt berichtet:
"Zu Delckenheim ist ein pfarrkirch und hat 2 altaria gehapt, nemlich ein altar im chor, und vor dem chor den andern, genannt derfrue altar, welcher altarien gefel itzundt der pfarrherr inn hat. Die Collation hat unser gnädiger Fürst und Herr, aberdergrave von Königstein ist pastor und hebt gemeinlich jars 100 gulden Mentzer werung für den großen frucht und weinzehend. Delckenheim hat kein stipendiaten gehalten, sondern es hat S. Johans altar zu epstein sein gefell gehabt, von welchem sich etlich jar ein student zu Marpurgk underhalten, wie davon hernach bericht folgen wurdt." (Sodann folgen das Einkommen der Pfarre, sowie des Kirchenkastens).
Aus der alten Kirche - Aufsatz eines Sakramentshäuschens und Schlusssteine
Als Pfarrer wird genannt Jacobus Volmarus, und als Kastenmeister Weygels Clös und Lorentz Chaspar. In seinem Kompetenzbuch von 1568 teilt Petrus Voltzius mit, dass zur Pfarrei ein schöner Pfarrhof gehört mit Garten an der Kirche, zwei weiteren Baum- und Gemüsegärten, 86 Morgen Ackerland, 8 Morgen Weingärten und 5 Morgen Wiesen. Der Ertrag dieser Liegenschaften, bestehend in etwa 40 Malter Korn, 20 Malter Hafer und 7 bis 8 Fuder Wein, machten mit einem Zuschuss von 3 4 Malter Frucht, nebst ca. 20 Gulden in Geld und dem Weinzehnten von etlichen Weingärten auf dem Haingraben, die Besoldung des Geistlichen aus. Pfarrer war Sylvester Richardus von Alsfeldt, seines Alters 27 Jahr. Mit dem Tode Philipps des Großmütigen am 31. März 15 67 wird Hessen unter seine vier Söhne aufgeteilt. Die Herrschaft Eppstein mit Delkenheim gelangte auf diese Weise zu der Linie Hessen-Marburg. Die kirchliche Verwaltung blieb zunächst gemeinsam und Eppstein wurde bei der Superintendentur Groß Gerau, also bei Hessen-Darmstadt belassen. Am 9. Oktober 1604 stirbt der Landgraf Ludwig von Marburg kinderlos. In seinem Testament hat er 1595 sich auf seines Vaters Testament berufend, seinen Neffen den Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel und seinen Bruder den Landgrafen Georg von Darmstadt zu seinen Erben eingesetzt, dass sie zu gleichen Teilen und falls einer derselben sterbe, die demselben vermachte Hälfte an die männlichen Erben des anderen fallen sollte. Zugleich stellte er alle seine Untertanen unter die Garantie nicht nur der evangelischen Religion überhaupt, sondern unter die Augsburgische Confession und deren Apologie d. h. unter die Lehre Luthers. Aber es kam über die Erbschaft zum Streit. In dem von den beiden Orten eingesetzten Schiedsgericht wurde die Hälfte des Oberfürstentums Moritz zugesprochen, und damit fiel 1605 die Herrschaft Eppstein an Hessen-Kassel. Der Landgraf Moritz war der reformiert Lehre zugetan, Darmstadt aber war lutherisch. Um die reformierten Lehre in der Herrschaft einführen zu können, musste diese von der lutherischen Verwaltung Darmstadts getrennt werden. Moritz berief seine Hofprediger zusammen und legte ihnen die Frage vor, ob nicht die Herrschaft Eppstein von der Diözese Darmstadt abzutrennen und St. Goar anzugliedern sei? Es wird beschlossen die Herrschaft Eppstein der Superintendentur Rheinfels zuzuweisen, deren Superintendent Christian Zindelius 1597 bis 1613 reformiert war. Durch ihn suchte Moritz von Kassel die sogenannten Verbesserungspunkte in der Herrschaft einzuführen, d. h. das Abendmahl sollte mit der Zeremonie des Brotbrechens gehalten und die Gebote nach Zählung Calvins gelehrt werden. Zindelius hielt die Synode zu St. Goar. 10 Pfarrer der Herrschaft waren anwesend, aber nur einer erklärte sich bereit, die Verbesserungspunkte anzunehmen. Moritz sah daher ein, dass er in der Herrschaft Eppstein sich mit Geduld warten müsse, bis die Zeit der Einführung gekommen sei. Er besetzte die Pfarrstellen, wenn ein Geistlicher verzog oder verstarb mit einem Calvinisten. 1621 erfolgte die Rückgabe der Erbschaft Hessen-Marburg an Darmstadt und damit wieder an einen lutherischen Fürsten. 1624 reiste der Superintendent von Darmstadt durch die Herrschaft Eppstein. Die reformierten Pfarrer "werden gnadigst entlassen und gehen an einen anderen Ort". Darum sind 1624 die Pfarrstellen Nordenstadt, Breckenheim, Delkenheim, Massenheim und Eppstein zu besetzen. Über die Orte des Ländchens hat der Dreißigjährige Krieg eine Verwüstung gebracht wie nur selten über eine Gegend Deutschlands, was aber bei der Lage in der Nähe des Rheines und Maines nur natürlich war. Die erste Berührung mit dem Krieg erlebte Delkenheim als 1619/20 spanischwallonische Truppen mit dem Marquis Spinola vom Niederrhein über Eppstein nach Frankfurt rückten. Das von Pfarrer Jacobus Erbenius neu angelegte Kirchenbuch wird von ihnen geraubt und beiseite gebracht. Mit dem Sieg Tillys über die Truppen des Herzogs Christian von Braunschweig am 20. Juni 1622 bei Höchst kam erst das größte Unglück über unsere Gegend, denn da ergoss sich der ganze Strom der Kriegsvölker über das Ländchen. Dem 1625 eingeführten Pfarrer Johann Rumpfeldt fiel es zu, die von den durchziehenden Soldaten zerschlagenen Türen und Fenster in der Kirche und im Schulhaus wieder herstellen zu lassen. 1631 war der Schwedenkönig Gustav Adolf nach seinem Sieg über Tilly an den Rhein gekommen und hatte Mainz besetzt. Auf einem Zug gegen das von Kaiserlichen besetzte Königstein kam der König durch das Ländchen. Noch heute läuten unsere Glocken um 10 Uhr zur Erinnerung daran, dass König Gustav Adolf um diese Stunde den alten Herrschaftssitz Eppstein durchritt. 1634/35 tobte der Krieg erneut in unserer Gegend. Nach dem Sieg der Kaiserlichen bei Nördlingen 1634 konnten sich die Schweden und ihre Verbündeten am Main nicht länger halten. Nach ihrem Abzug herrschte die größte Teuerung und Hungersnot. in diesem Jahr musste die Herrschaft mit ihren 13 Dörfern im Laufe weniger Monate 121879 Gulden an Kriegslasten aufbringen. Im Jahre 1635 kam das Verderben erneut über Delkenheim; Franzosen und Schweden taten beide das ihre, um der Bevölkerung den Aufenthalt am Ort für die nächste Zeit unmöglich zu machen. Man floh in die umliegenden festen Plätze, besonders nach Rüsselsheim, wo sich 1636 der erst im Jahre 1635 von Ginsheim nach Delkenheim versetzte Pfarrer Jeremias Held und der Schulmeister Hans Stiglitz aufhalten. Beide kehren nicht mehr nach Delkenheim zurück. Von 1635 bis 1651 musste der Delkenheimer Pfarrer die Gemeinde Wallau mitversehen. Der Superintendent schlug sogar vor, Wallau, Diedenbergen, Delkenheim und Massenheim unter einem Pfarrer zu vereinigen, da die Bevölkerungszahl so sehr zurückgegangen war. Aus dieser Zeit berichtet der Superintendent Antonius Forst von Langenschwalbach: Am 9. Juli 1637 habe ich im Beisein des Herrn Landbereiters Johann Franz Peltzer den neuen Pfarrer zu Delkenheim Magnus Maurus aus Bärstadt eingeführt und ihm sowohl die Pfarrkinder von Delkenheim wie die zu Wallau in seine Seelsorge gegeben. Von der Pfarr-Besoldung wird gesagt, dass in Delkenheim nichts zu haben war, weder an Frucht, Wein oder Geld. In dem Bericht wird festgestellt, dass es bei solch geringen Besoldungen unmöglich ist, das Amt zu bedienen. Es ist darauf zu sehen, wie die Pfarrer unterhalten werden können, damit diese an ihren Orten bleiben können. Die Gemeinden können kein anderes Mittel vorschlagen, als dass die Pfarrer selbst Pferde und Geschirr halten und den Acker bauen. Die wenigsten Pfarrer aber haben dazu die notwendigen Mittel. Die Kirche zu Delkenheim mit 2 Glocken steht noch, auch ein Kelch ist noch vorhanden. Wegen des abgebrannten Pfarrhauses muss der Pfarrer jedoch schon 1638 nach Massenheim ziehen. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges konnte sich die Gemeinde nur langsam wieder erholen. Der 1652 eingeführte Pfarrer Caspar Bechthold wohnte bis zur Errichtung eines neuen Pfarrhauses im Dezember 1656 im Schulhaus. Nachdem 1672 die Kirche durch Kaiserliche und Kurbrandenburgische Söldner aufgebrochen und all ihres Zierrats beraubt wurde, fielen 1674 lothringische Soldaten erneut über unsre Gegend her, verbrannten alle Kirchenbänke, nebst Pfarr- und Gerichtsstuhl und machten die Kirche zum Pferdestall. Ebenso entwendeten sie die kleine Glocke. Bereits im Dezember 1674 wurde wieder eine Kanzel aufgestellt (diese wurde 1715 durch eine neue ersetzt). Am 15. November 1676 wurde das Pfarrhaus und die Scheuer durch einen münsterischen Reiter, der hier gedient hatte, und sich auf diesem Wege an seinem Herrn rächen wollte, in Brand gesteckt und in Asche gelegt. Doch bereits im Juni 1678 konnte ein neues Pfarrhaus errichtet werden, bald darauf auch die Scheuer. 1685 wurde von der hiesigen Gemeinde eine neue Glocke gekauft, und 1697 wurde die Kirche von der Herrschaft Hessen-Darmstadt renoviert. Einen ausführlichen Bericht über die Baulichkeiten der Kirche gibt um 1728 der am 3. Advent 1725 eingeführte Pfarrer Adolf Friedrich Hennemann:
"Diese Kirch ist eine Mutter-Kirch und niemals ein Filial gewesen, hat aber auch niemals ein Filial gehabt. Wer die Kirch zu Delckenheim erbauet habe, auch warum und welchem Heiligen zu Ehren dasselbe geschehen, ist unbekannt, außer daß ein altes Extract aus dem Eppsteinischen Saalbuch so viel Nachricht gibt, es habe die Kirch zu Delckenheim vor Zeiten zwei Altar gehabt, da des einen Altars Einkünfte jetzo der Pfarrer, des anderen und so genannten Frauen-Altars der Kasten zu genießen habe. Sonsten aber sind Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht als Patronus, da Selbige den großen Frucht- und Weinzehnten alleine haben, schuldig zu bauen. Der Thurm dieser hat kein besonderes Fundament, sondern ruhet bloß auf dem Gebälk und Dach. Auch Navem exclesice, sodan das Pfalster in der Kirch, wie in gleichem die Fenster und Kirch-Thüren, Altar und Tauffstein und alles was zur Mauer und Dach gehört, sind höchst dieselben, allein zu bauen und zu beßern schuldig. Die Orgel, Orgelbühne, Emporenbühne muss die Gemein, ohne des Gotteskastens Beytrag allein bauen, wie in gleichem. Die Uhr und was an Rollen, Seilen und Uhrkammer darzu gehört; ohne das Baum-01 welches der Kasten gibt, wie auch die Glocken, davon 2 vorhanden, und die kleinste davon Anno 1685 neu angeschafft worden, in gleichem der Glockenstuhl und was an Leitern darzu gehört, bauet schaffet und erhält die Gemeine allein. Die Glockenseile aber schaffet nach uralter observance die Gemein und der Kasten alternative an. Die Kirchenstühle baut und erhält die Gemein ohne des Kastens Beytrag allein, und werden deswegen auch an niemand als ein Eigenthum gegen ein gewisses Geld überlassen, sondern nach des Pfarrers gutfinden und guter Ordnung, dem alter nach, ohne entgelt angewiesen. Von Antiquität und anderen Merkwürdigkeiten findet sich in hiesiger Kirch nichts. Wollte man aber das Eppsteinische Wappen, nemlich 3 gebrochene schwarze Balken im gelben Feld, dahin nehmen, so findet sich dasselbe zweymal an einem alten steinernen Schrank im Chor, so zur Verwahrung des venerabilis gebraucht worden, des gleichen in einem Fenster des Chores, nebst vielen alten Bildern der Heiligen auch ein Ritter nebst einem Frauenbilde, gegeneinander über kniend, und zwischen ihnen ein Wappen mit einem schwarzen Hirschgeweih im gelben Feld zu sehen. Über dem Ritter stehet in alter Schrift, Henricus Gale, über der Weibsperson Margaretha, wer sie gewesen ist weiter nicht bekannt."
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lässt sich ein gewisser Wohlstand in der Gemeinde feststellen. So wurde im Jahr 1715 eine neue Kanzel für die Kirche angeschafft (diese diente später in der Schule als Katheder und wurde 1969 an die ev. Kirchengemeinde Biebertal Frankenbach bei Wetzlar abgegeben). 1729 und 1731 wurden neue Kirchenbänke auf der Frauenseite aufgestellt, 1733 erfolgt die Stiftung einer neuen silbernen Hostien-Büchse durch ein Gemeindeglied, 1742 wird eine neue Orgel gekauft, 1744 wird der noch im Gebrauch befindliche Abendmahlskelch angeschafft und letztendlich lässt man 1754 zwei neue Kirchenglocken in Frankfurt gießen. Dieser Aufschwung nimmt jedoch durch den Siebenjährigen Krieg ein jähes Ende. Und der 1754 eingeführte Pfarrer Ruth vermerkt im Kirchenbuch: "Die Jahre 1756 bis 1762 waren mehrenteils betrübte und unwürdige Kriegszeiten, da die Franzosen alles in unserer Hessischen Gegend überströmt haben ". Das mehr als 30jährige Wirken des Pfarrers Johann Martin Ruth verdient eine besondere Würdigung. Durch mustergültige Bewirtschaftung der Pfarrländereien machte er sich um die Hebung der Landwirtschaft, Verbesserung der Obstkultur und der Hopfenzucht verdient. In seiner Amtszeit wurden die sogenannten Pfarrmarksteine gesetzt, diese zeigen die Größe des Grundstücks, sowie die abzuführenden Abgaben (Malter + Garben) an. Wiederholt veranlasste er die Renovierung der alten baufälligen Kirche, namentlich die Wiederherstellung des Kirchturms nach einem Blitzschlag am 15. August 1759. Mit Erfolg setzte er sich für den Bau eines neuen Pfarrhauses bei der Regierung in Darmstadt ein, die die Bau- und Unterhaltspflicht zu tragen hatte. Um den Neubau verwirklichen zu können musste die Nachbar-Hofreite des Adam Nau erworben werden, und auf Kosten des Gotteskastens wurde diese Hofreite abgebrochen und hinter der Pfarrscheuer in dem sogenannten kleinen Pfarrgarten (heute Hofreite Sattler Pflug) wieder aufgerichtet. Die Grundsteinlegung erfolgte am 15. März 1773, und im November 1774 war der Bau vollendet, der sich heute noch unverändert imposant darstellt. Das alte Pfarrhaus wurde in einen Pferde- und Kuhstall umgebaut, er wurde 1963 abgetragen und an seiner Stelle steht heute der Anbau des Gemeindehauses. Den seit 1776 angestrebten Neubau der Pfarrscheuer konnte Pfarrer Ruth nicht mehr erleben, dies blieb seinem Nachfolger Johann Ludovicus Pilger vorbehalten, der am 27. März 1787 den Grundstein zu der massiven herrschaftlichen Pfarrscheuer legte. Das Ende dieses Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den seit 1792 in Mainz befindlichen französischen Revolutionstruppen. Mehr als 20 Jahre war unsere Gegend nunmehr vom Kriegsgeschehen um Mainz sowie die nachfolgenden Truppenbewegungen Napoleons gegen den Osten betroffen. Die Ortschaften außerhalb der Festung Mainz hatten besonders schwer zu leiden, zum einen durch die Besatzungstruppen der Hessen, Österreicher und Preußen, zum anderen durch die Widerstand leistenden Franzosen. Pfarrer Pilger erlitt bei Ankunft der Franzosen im Jahr 1796 einen Blutsturz, von dem er sich nicht mehr erholte, er starb im August 1799. Seinem Nachfolger Pfarrer Ayrer, welcher vorher die Pfarrstelle in Großbieberau inne hatte gelang es nur unter Lebensgefahr im Februar 1800 die Linien der französischen, kaiserlichen und Mainzer Truppen den zugefrorenen und mit Eisschollen bedeckten Main hinter Kelsterbach zu überschreiten, was ihm nur mit Hilfe eines Mainzer Offiziers gelang. Die Pfarrchronik wurde in dieser Zeit (1790-1830) fast überhaupt nicht oder nur sehr mangelhaft geführt. Auch politische und kirchliche Umwälzungen hat der Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Erscheinen Napoleons gebracht. Mit den Siegen in Süddeutschland, den dem Deutschen Reich aufgezwungenen Friedensbedingungen und dem darauffolgenden Reichsdeputationshauptschluss kam es zur Aufhebung der kirchlichen Fürstentümer und zur teilweisen Neuverteilung der weltlichen Besitzungen. Das Ländchen welches mehr als 300 Jahre zu Hessen-Darmstadt gehörte, kam dadurch an das Haus Nassau, und die Geschichte Nassaus ist nun auch die Geschichte des Ländchens. Die Güter des Mainzer Domkapitels und aller Stifte und Klöster, ob protestantisch oder katholisch stehen nun den Landesherren, zu denen sie von nun an gehören, zur freien Verfügung. Sie wurden später zum größten Teil an die ortsansässigen Bauern verkauft. Durch Verfügung des Amtmanns Schenk zu Wallau wurde am 14. November 1802 mitgeteilt, dass Nassau am 23.11. vom Amt Eppstein (welches nunmehr Amt Hochheim hieß) Besitz ergriffen habe. Im Jahre 1806 erfolgte durch Napoleon die Standeserhöhung des Fürstentums Nassau zum Herzogtum. Nassauische Soldaten mussten nun unter Napoleons Truppen in Osteuropa, an der Ostsee, in Portugal und Spanien Kriegsdienst leisten. Für die Feldzüge gegen Russland und Preußen sammelte Napoleon seine Truppen in Mainz. Von hier aus ging der Marsch über Kastel, Hochheim, Höchst in Richtung Osten. Durch unser Gebiet ging auch wieder der Rückzug der geschlagenen und verwundeten Soldaten. Von den Soldaten wurde das Vieh geraubt und die Ernte mitgenommen, noch den Sterbenden zog man das Bettzeug unter dem Leibe weg. Oftmals konnten die Bewohner außer den vier Wänden nur ihr nacktes Leben retten. Der erst im Jahre 1809 nach Delkenheim gekommene Pfarrer Dieffenbach begab sich im Oktober 1813 völlig entkräftet zu seinem Sohn nach Usingen, wo er im Dezember 1813 verstarb. Erst mit dem Jahr 1815 endete diese schlimme Leidenszeit. In die Amtszeit des 1814 eingeführten Pfarrers Kolb aus Niedernhausen fällt ein kirchengeschichtlich bedeutsames Ereignis, das bis heute fortwirkt. Anlässlich der 300jährigen Wiederkehr des Reformationstages wurde der Versuch unternommen, die in mehrere Zweige gespaltenen Protestanten wieder zu vereinen. Im Herzogtum Nassau gelang es auf der Generalsynode vom 5. bis 9. August 1817 in Idstein, eine Union der Lutherischen und der Reformierten zustande zu bringen, deren Organisation im Kirchenedikt vom 8.April 1818 festgeschrieben wurde. Unsere Gemeinde ist seither weder lutherisch noch reformiert, sondern "uniert". Mit den aufkommenden Reformen war es auch nicht mehr vereinbar, dass der Pfarrer selbst noch Landwirtschaft betrieb, und so wurde 1818 das hiesige Pfarrgut für 910 Gulden jährlich an die einheimischen Bauern verpachtet. Seit 1837 bestand die Verpflichtung der Pfarrer, wieder eine Pfarrchronik zu führen und so wird berichtet, dass in 120 Häusern 613 Einwohner leben, wovon 588 evangelisch, 7 katholisch und 18 jüdischen Glaubens sind. Mit dem Jahr 1842 erfolgte die Ablösung des großen und kleinen Zehnten, die gegen Bargeld erkauft werden musste. Der große Zehnte stellte die Naturalabgabenleistung an den Landesherren dar, und der kleine Zehnte musste als Kirchensteuer an den Kirchenkasten entrichtet werden. In diese Zeit fällt auch die Auswanderung von 12 Einwohnern nach Amerika. Den Ausschlag dazu haben wahrscheinlich die aufeinanderfolgenden schlechten Ernten in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gegeben. Um der aufkommenden Armut ein wenig gegenzusteuern gründete der Pfarrer im Jahre 1858 einen Privat-Armenverein, aus dessen Fonds Bettler und Gemeindearme unterstützt wurden, und diese Einrichtung hielt sich bis zum Ersten Weltkrieg. Da durch die Größe des hiesigen Pfarrgutes die jährlichen Erträge und somit die Einnahmen der Pfarrer hoch waren, wurde kein Pfarrer mehr von hier an eine andere Pfarrstelle versetzt, sondern sie hatten die Stelle immer bis zu ihrem Tode inne. War ein Pfarrer nicht mehr dienstfähig, oder ging er mit über 70 Jahren in Pension, so konnte die Pfarrstelle nur durch einen Vikar verwaltet werden, der jedoch später kein Anrecht auf die Pfarrstelle hatte. So wurde nach der Pensionierung des Pfarrers Johann Friedrich Keck, der hier 23 Jahre wirkte, im Jahre 1860 die Pfarrstelle 10 Jahre bis zu dessen Ableben im Jahre 1870 von Vikaren versehen. Bedingt durch den deutsch-österreichichen Krieg im Jahre 1866 erfolgte abermals ein Wechsel in der Landeszugehörigkeit. Das Ländchen gehörte nun zu Preußen. Obwohl in der hiesigen Gegend keine Kriegshandlungen stattfanden, so hatte die Bevölkerung doch durch die Einquartierungen, Kontributionen und Requisitionen zu leiden. Die Einquartierungen dauerten von Mitte Mai bis Ende September, und am 8. Oktober 1866 wurde das Herzogtum Nassau dem Königreich Preußen einverleibt. Von 1870 bis 1889 wirkte hier Gustav Raven als Pfarrer. In seiner Amtszeit wurde im Jahre 1874 das Zivilregister (Standesamt) eingeführt, was bedeutete, dass Geburten und Todesfälle dem Bürgermeister zu melden waren, und auch niemand mehr gezwungen war, seine Kinder taufen zu lassen. An jedem Sonntag und Feiertag fanden zwei Gottesdienste statt, und zwar vom Erntedankfest bis Ostern zweimal Predigtgottesdienst um 9.30 Uhr und mittags um 13.30 Uhr, im Sommerhalbjahr morgens um 9 Uhr, mittags Christenlehre um 13 Uhr. An Abendmahlssonntagen wurde auch mittags gepredigt. Die Dauer der Gottesdienste betrug IV, Stunden. Der Konfirmandenunterricht, welcher 2 Jahre dauerte, beginnt nach Neujahr mit drei Wochenstunden und erhöht sich nach Ostern auf sechs Wochenstunden. Zum Ende seiner Dienstzeit vermerkt Pfarrer Raven, dass der Kirchenbesuch gut ist, nur an Fest- und Abendmahlsgottesdiensten wären durch den beschränkten Raum der kleinen Kirche die Zustände unerträglich. Diesen Zustand fand auch der hier am 1. Juli 1891 eingeführte Pfarrer Dr. August Lindenbein vor, als er die Pfarrstelle übernahm. Pfarrer Lindenbein gehörte der Herrnhuter Brüdergemeinde an und so wirkte seine pietistische Glaubensrichtung auch maßgeblich auf die Gemeinde ein. Seinen Bemühungen und seinem persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass in Delkenheim eine neue Kirche errichtet werden konnte. Durch die Ablösung der fiskalischen Baulast durch eine einmalige Zahlung des Staates an die Kirchengemeinde ging das Eigentum des Gotteshauses vom Staat an die Kirchengemeinde über, mit der Folge, dass nunmehr ausschließlich die Kirchengemeinde für die Unterhaltung des Kirchengebäudes verantwortlich war. Im Jahre 1897 wurde Dr. Lindenbein zum Dekan und somit gleichzeitig zum Schulinspektor des Kreissynodalbezirks Wallau (vergleichbar mit dem heutigen Dekanat) berufen. In dieser Zeit ging auch der alte Friedhof, der an der neuen Kirche lag, zum üblichen Kaufpreis von 25 Mark von der Zivilgemeinde in den Besitz der Kirchengemeinde über. Die kirchlichen Verhältnisse in den Friedensjahren vor dem Ersten Weltkrieg waren wohlgeordnet und speziell für Delkenheim sogar überdurchschnittlich gut; so lag der Prozentsatz der Kirchenbesucher an den vier Zählsonntagen bei durchschnittlich 49% (bei 900 ev. Gemeindemitgliedern), wogegen er in den übrigen Gemeinden des Dekanats im Durchschnitt bei 20% lag. Auch die Spendenfreudigkeit bei Kirchenkollekten und Missionsbeiträgen lag meist doppelt so hoch als bei den oftmals größeren Nachbargemeinden. Mit der Einführung des elektrischen Lichtes im Jahre 1911 wurde auch unsere Kirche an das Stromnetz angeschlossen, im Pfarrhaus welches weiterhin vom Königreich Preußen zu unterhalten war, brannten hingegen zu Beginn des ersten Weltkrieges immer noch Petroleumlampen. Mit dem Tod des Dekans Dr. Lindenbein im März 1916 enden vorerst die Eintragungen in der Pfarrchronik, denn sein Nachfolger Pfarrers Adolf Hief , der kurz nach dem Tode mit der Pfarrstelle betraut wurde und bereits im Jahre 1921 nach kurzer Krankheit verstarb, hat leider keine Aufzeichnungen hinterlassen. Bedingt durch den Rohstoffmangel des Ersten Weltkrieges mussten im Sommer 1917 die beiden großen Kirchenglocken zum Einschmelzen abgegeben werden. Doch bereits im Jahre 1920 wurden von der Zivilgemeinde, als eine der ersten Gemeinden im Umkreis, zwei neue große Gussstahlglocken unter erheblichem Kostenaufwand (Inflationszeit) angeschafft. Auf Pfarrer Hief folgte im Jahre 1922 Pfarrer Hermann Lindenbein, der jüngste Sohn des früheren Dekans, welcher sich auf die freigewordene Pfarrstelle beworben hatte und vom Kirchenvorstand auch einstimmig gewählt wurde. Er setzte das Erbe des Vaters fort und bemühte sich trotz äußerer Schwierigkeiten durch Arbeitslosigkeit und Inflation unermüdlich um das kirchliche Leben. Um die Schulden für den Kirchenneubau abtragen zu können, sammelte er bei den Bauern Getreide, das verkauft wurde. Mit dem Geld wurden die größeren Baudarlehen abgelöst (die letzte Kirchenbauschuld wurde im Jahre 1943 mit 2250 Reichsmark getilgt). Außerdem wurden für die zwei großen Glocken Läutemaschinen und für die Orgel ein Windgebläsemotor angeschafft, alles Anschaffungen, die aus Spendenmitteln der Gemeindemitglieder finanziert werden mussten. im Jahre 1930 wird die Innenrenovierung der Kirche ins Auge gefasst, jedoch steht der Gemeinde hierfür kein Geld mehr zur Verfügung Pfarrer Hermann Lindenbein kam im Oktober 1932 bei einem tragischen Verkehrsunfall auf der Frankfurter Chaussee ums Leben Im März 1933 wurde Pfarrer Hans Lindenbein im Alter von 52 Jahren als hiesiger Pfarrer eingeführt. Das Landeskirchenamt, das die Pfarrstelle zu besetzen hatte, gab dem Wunsch der Gemeinde nach und berief den Bruder des bisherigen Pfarrers nach Delkenheim. Seine Amtszeit in Delkenheim deckt sich fast mit der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, und so ist diese Zeit auch geprägt von den Auseinandersetzungen mit Partei und Staat. Da es in der Zeit des Dritten Reiches ein Risiko war, die Pfarrchronik zu führen, hat Pfarrer Lindenbein sie erst nach Beendigung seiner Amtszeit im Jahre 1948 ergänzt. Bei der Kirchturmreparatur im Jahre 1933 wurde ein neuer Wetterhahn von 1,10 x 1 m Größe auf Kosten der Kirchengemeinde angeschafft, obwohl der Kirchturm noch Eigentum der Zivilgemeinde war. Im Jahre 1934 wird nach dem Einbau einer Warmluftheizung das Altarbild und Buntglasfenster im Chor restauriert. Als Folge des neuen Regimes durfte seit Anfang 1934 nur noch der Kirchenvorstand unter Vorsitz des Pfarrers tagen und nicht mehr die 20-köpfige Gemeindevertretung. Da der Kirchenvorstand nicht geschlossen zur Bekennenden Kirche übertreten wollte, wurde vom Pfarrer eine Umfrage bei den Gemeindemitgliedern durchgeführt, wer für die Bekennende Kirche und wer für die Deutschen Christen sei. Dabei bekannten sich mehr als die Hälfte der Befragten zur Bekennenden Kirche; jedoch musste die Umfrage auf Druck des Ortsgruppenleiters abgebrochen werden, da dieser den Befragten mit Repressalien drohte. Daraufhin beschloss der Kirchenvorstand, sich im Kirchenkampf vorerst passiv zu verhalten, und tat dies auch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Pfarrer Lindenbein vermerkte dazu in der Chronik:
"Wir waren hierin der Zeit der Diktatur weder Helden noch Märtyrer, sondern eigentlich nur Mitläufer. Was wussten denn die meisten, worum es eigentlich im Kirchenkampf ging? Trotz versuchter Aufklärung wussten nur wenige mehr Bescheid. Man hatte genug eigene Sorgen und hielt sich lieber aus einer Sache, die gefährlich werden konnte. Der Gedanke an das Häschertum der Staatspolizei und das Unbehagen vor dem KZ kam hinzu. Man ließ auch den Krieg über sich ergehen, wie ein Unwetter, dem gegenüber man machtlos war."
Ein Beispiel hierfür gibt auch der im Jahre 1922 gegründete Frauenverein, der, um weiter bestehen zu können, sich 1934 in eine Frauenbauernschaft umwandelte, doch auch diese Umbenennung half nicht. Im März 1935 wurde der Frauenverein zwangsweise aufgelöst. Da sich die Frauen aber weiterhin nun als Frauenhilfe trafen, wurde 1939 verlangt, dass sie in der NS-Frauenschaft aufgehen sollten, was die Frauen jedoch ablehnten. Von der Partei wurden Veranstaltungen gezielt auf den Sonntagmorgen gelegt, so dass der Gottesdienst oftmals verlegt werden musste, was dem Gottesdienstbesuch sehr abträglich war, auch Veranstaltungen der HJ und BDM wurden auf den Termin des Konfirmandenunterrichtes gelegt, so dass der öfters ausfallen musste. Gegen Ende des Krieges wurden die Kirchenbücher der größeren Sicherheit wegen in den Keller der Erlöserkirche in Bad Homburg ausgelagert. Im März 1945 wurde durch Artilleriebeschuss am Kirchturm ein Türmchen abgeschossen und das Pfarrhaus getroffen, wobei am Pfarrhaus über 100 Glasscheiben zu Bruch gingen. Die Nachkriegszeit ist gekennzeichnet durch Lebensmittelknappheit und die Einschränkungen durch Evakuierte und Flüchtlinge. Auch im Pfarrhaus werden Flüchtlinge untergebracht. Bis zu seiner Pensionierung am 1. Oktober 1948 bemüht sich Pfarrer Lindenbein um die Beschaffung von Baumaterial für die Beseitigung der Kriegsschäden an Kirche und dem Pfarrhaus. Am 11. November 1948 übernahm Pfarrer Hugo Stutz im Alter von 52 Jahren die hiesige Pfarrstelle, die er 10 Jahre lang bekleidete. Im Jahre 1952 wurde die bereits in den 30er Jahren angestrebte Innenrenovierung der Kirche durchgeführt. Hierbei wurde auch das alte Taufbecken, das Jahrzehnte unbeachtet im Pfarrhof gelegen hatte, wieder aufgearbeitet und mit einem neuen Sockel versehen, in der Kirche aufgestellt. Außerdem wurden die drei Figuren, der König David und die Engel renoviert und an der Brüstung der Orgelempore angebracht. Die Amtszeit des Pfarrers Stutz ist überschattet durch die Auseinandersetzungen mit der ebenfalls noch im Pfarrhaus wohnenden Familie des Pfarrers Lindenbein. Durch die beengten Verhältnisse kam es fortwährend zu Reibereien; der Kirchenvorstand jedoch, der in seiner Haltung gespalten war, wollte nichts gegen den alten Pfarrer Lindenbein unternehmen. So ging Pfarrer Stutz am 1. Juli 1958 vorzeitig in Pension, und auf die ausgeschriebene Pfarrstelle bewirbt sich kein Pfarrer, so daß die Kirchenleitung die vakante Stelle zum 1. Mai 1960 mit Pfarrer Kurt Buchholz besetzt. Von ihm angeregt wurde im Juli 1960 der Kirchenchor gegründet. Im Jahre 1962 wurde die seit Jahrhunderten bestehende Bau- und Unterhaltungspflicht des Landes am Pfarrgrundstück und dem Pfarrhaus abgelöst. Somit sind nur noch die Kirchengemeinde und die Ev. Kirche Hessen-Nassau für die Unterhaltung der Gebäude zuständig. Durch die zunehmenden finanziellen Aufgaben (Gehaltsabrechnungen der Kindergärtnerinnen usw.) wurde die Kirchengemeinde zum 1. Januar 1963 an das Rentamt Wiesbaden angeschlossen. Somit entfiel der Posten des Kirchenrechners. Trotz erheblicher Widerstände im Kirchenvorstand plante Pfarrer Buchholz zielstrebig den Bau eines Gemeindezentrums und erreichte, dass im Juni 1963 die alte Pfarrscheune abgerissen wurde. Im Sommer 1964 erhielt die Kirche eine neue Warmluftheizung, die teilweise erneuert, noch heute zur Beheizung des Gotteshauses dient. Im Jahre 1965 bewarb sich Pfarrer Buchholz auf eine neue Pfarrstelle, da es mit den Kirchenvorstehern wegen des Gemeindehausbaus fortwährend zu Unstimmigkeiten kam. So führte Pfarrer Hahn aus Massenheim während der Vakanzzeit die Amtsgeschäfte und leitete den Umbau der Pfarrscheune zum Gemeindehaus. Der am 1. November 1966 hier eingesetzte Pfarrvikar Eberhard Schindler konnte am 22. Januar 1967 zusammen mit Propst zur Nieden das neue Gemeindehaus mit einem gebührenden Festakt einweihen. Durch die Ausweisung von neuen Wohngebieten und den Zuzug vieler Neubürger war auch die Mitgliederzahl der ev. Kirchengemeinde stark angewachsen, was auch eine Erhöhung der Zuweisungen durch die Landeskirche mit sich brachte. Daher konnten in den Jahren 1968 bis 1970 die Kirche und das Pfarrhaus innen und außen vollständig renoviert werden. Die Jugendarbeit wurde gefördert und jährlich fanden Gemeindeausflüge statt. Auf Pfarrer Schindler folgte im Oktober 1978 Pfarrvikarin Christa Böttcher, als erste Pfarrerin in Delkenheim. Unter ihrer Leitung erhielt die Jugendarbeit einen unbeschreiblichen Aufschwung und die vielen durchgeführten Freizeiten werden allen noch in schöner Erinnerung bleiben. Am 1. Oktober 1988 verließ Frau Pfarrerin Böttcher nach 10jähriger Amtszeit Delkenheim und wechselte zur Kirchengemeinde Bierstadt. Mit Pfarrer Matthias Laubvogel übernahm am 1. Juni 1989 ein junger, dynamischer und musikalisch interessierter Pfarrer die Pfarrstelle. Unter seiner Regie wurden 1990 zusammen mit der Gemeinde Massenheim ein Jugendchor gegründet und mehrere schöne Konzerte veranstaltet. Leider war Pfarrer Laubvogel mit der Verwaltung der großen Kirchengemeinde überfordert, und im August 1991 erfolgte die Versetzung nach Obertshausen. Mit Pfarrer Bernd Giehl erhielt die Gemeinde zum 1. Februar 1992 einen neuen Seelsorger, der mit der Kirchengemeinde das 100-jährige Bestehen unseres schönen Gotteshauses feierte. (Ende des Auszugs aus der Festschrift)
In die Amtzeit von Pfarrer Bernd Giehl fielen die Sanierung der Außenfassade der Kirche und die Bebauung der Flächen auf dem Pfarrmorgen. Pfarrer Bernd Giehl verließ die Gemeinde im Jahr 2008. Sein Nachfolger Pfarrer Imre Istvan trat die Pfarrstelle in Delkenheim am 1. August 2008 an. Die nächste große Herausforderung der Gemeinde ist die Innensanierung unseres "Ländchesdoms".